„Wer?, Wie?, Was?, Wieso?, Weshalb?, Warum? ... Wer nicht fragt bleibt dumm!“ lautete der Text der Erkennungsmelodie einer bekannten Kinderfernsehsendung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, in vielen kleinen Geschichten, Kindern nicht nur die Welt zu erklären, sondern sie gleichzeitig zu immer neuen Fragen zu ermutigen. Geschichten malen Bilder vor Augen, die in Erinnerung bleiben. Geschichten bringen eine Sache auf den Punkt und regen zu immer neuen Fragen an. Ob es nun Märchen sind, Geschichten mit der Maus oder von Fischen, Vögeln, Schiffen, ob Käp’ten Blaubär seine Abenteuer erzählt oder ein Bäcker, wie Brot gebacken wird. Kinder lieben Geschichten, hören aufmerksam und gespannt zu, entdecken in Geschichten die Welt, lernen in Geschichten, wie das Leben ist. Warum aber erzählen wir unseren Kindern nicht auch biblische Geschichten?
Warum biblische Geschichten erzählen?
Die Bibel ist voller Geschichten, die danach fragen, was wirklich wichtig ist, Geschichten, die Perspektiven öffnen, Wege zeigen und Antworten versuchen auf unsere und die Fragen unserer Kinder:Worauf kommt es an im Leben? Was ist gut und böse? Worauf kann ich mich einlassen? Worauf hoffen? Worauf vertrauen?
Die Fragen, die in den biblischen Geschichten gestellt, die Antworten, die versucht werden, sind Fragen und Antworten von Menschen, die lange vor uns gelebt haben. Bei näherem Hinsehen werden wir jedoch entdecken, dass es auch unsere Fragen und Probleme sind, die die Menschen schon vor Jahrhunderten bewegt haben. Die Bilder, die ihre Geschichten malen, die Lebensumstände von denen sie erzählen, die Kultur, in der sie leben, lassen eine fremde Welt vor unseren Augen entstehen. Sie zu entdecken, erfordert unseren Mut und die Bereitschaft, uns von dieser fremden Welt überraschen zu lassen.
Wo wir das wagen, bietet sich uns eine große Chance. Wir können das, woran wir uns gewöhnt haben, was wir für selbstverständlich, für normal halten, mit fremden Augen sehen und vielleicht entdecken, dass es Alternativen gibt, Alternativen, die uns neue Lebensmöglichkeiten öffnen. Die Geschichten der Bibel haben unsere Kultur, unserer Gesellschaft, ja, unser Leben auf vielfältige Art und Weise geformt und geprägt.
Schon deshalb sollten wir sie unseren Kindern weitergeben, damit sie sich und die Welt, in der sie leben, besser verstehen können. Die Hoffnung, dass die biblischen Überlieferungen uns und unseren Kindern immer wieder neue Einsichten, Perspektiven und Lebensmöglichkeiten eröffnen, ermutigt uns, sie auch für uns selbst neu zu entdecken.
Erzählen kann man lernen!
Biblische Geschichten kann jeder erzählen, auch wenn es am Anfang einige Vorbereitung erfordert. Von Augustin, dem Kirchenvater, ist ein Gedanke überliefert, der zeigt, was nötig ist: Nur, wenn ein Feuer in deinem Herzen brennt, kannst du es auch bei anderen entzünden.
1. Schritt: Entdecken
Deshalb sollte jeder, der eine Geschichte erzählen will, in einem 1. Schritt versuchen, die Geschichte für sich selbst (neu) zu entdecken. Lesen sie die Geschichte, am besten mehrmals. Achten sie auf ihre Sprache, ihre Bilder. Lassen sie sich ihre fremde Welt zeigen. Entdecken sie deren Schönheit und Geheimnisse.
2. Schritt: Gliedern und klären
Um den Aufbau einer Geschichte zu erkunden und ihren inneren Aufbau besser zu verstehen, sollten der Text in einem 2. Schritt in einzelne Abschnitte gegliedert, Überschriften zu diesen Abschnitten gefunden und offenen Fragen geklärt werden. Dabei wird es sich zeigen, dass nahezu jede Geschichte aus drei Teilen besteht:
Die Einleitung beschreibt die Situation, das Problem, die Fragestellung, um die es in der Geschichte geht.
Der Hauptteil entfaltet das Geschehen, beschreibt Lösungsversuche, Schwierigkeiten und endet oft in einer Zuspitzung des Problems.
Der Schluss erzählt die glückliche oder dramatische Lösung.
3. Schritt : Das Zentrum, die Botschaft finden
Wie im wirklichen Leben, hat jede Geschichte viele Aspekte, die sie erzählen möchte. Wir hören jedoch das, was sie sagen will, immer aus unserer Situation, unseren eigenen Fragen und Problemen heraus. So werden unterschiedliche Hörer ganz verschiedenes in einer Geschichte entdecken und weiter erzählen. Trotzdem sollte man versuchen, sein eigenes Zentrum, die Botschaft der Geschichte, die einen selbst anspricht zu finden, und vielleicht auch schriftlich zu fixieren.
4. Schritt: Die Zuhörer einbeziehen
In einem 4. Schritt empfiehlt es sich, Vorüberlegungen zum Erzählen in Blick auf die Zuhörer zu notieren. Was wissen die Zuhörer schon, was ist ihnen fremd, was muss erklärt werden, was erleichtert ihnen den Zugang, wie soll die Geschichte für sie gestaltet werden?
5. Schritt: Eine Erzählperspektive wählen
Aus welcher Perspektive erzählt werden soll, ist in einem 5. Schritt zu entscheiden. Drei Hauptperspektiven bieten sich an: Wer aus dem Blickwinkel eines allwissenden Erzählers erzählt, sieht alles, weiß alles, kennt die geheimsten Gedanken und Absichten. Jede Geschichte kann auch aus der subjektiven Sicht einer der beteiligten Personen erzählt werden oder aus der objektiven Sicht eines außenstehenden Beobachters, Reporters oder Chronisten.
6. Schritt: Der Phantasie freien Lauf lassen
In einem 6. Schritt sollte ein Erzähler die Geschichte in vielen Farben in sich entstehen lassen. Stellen sie sich die handelnden Personen vor, die Orte, Situationen. Schauen sie, riechen sie, hören sie, was geschieht. Lassen sie ihrer Phantasie freien Lauf.
7. Schritt: Eine Erzählskizze entwerfen
In einem 7. Schritt geben sie ihrer Geschichte eine eigene Struktur. Womit soll sie beginnen, was soll im Zentrum stehen, wie soll sie enden. Versuchen sie, ihre Geschichte in wenigen kurzen Sätzen in einer Erzählskizze aufzuschreiben. Dieser Text hilft dann beim Erzählen als roter Faden.